Tarifrunde Metall- und Elektro 2021 – Mehr Geld, Arbeitsplätze und Zukunft gesichert

Mit dem Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie in NRW sichert die IG Metall Beschäftigung, Zukunft und Einkommen: 500 Euro jetzt. Ab 2022 kommt dann ein jährliches Transformationsgeld dazu, das 2023 auf 27,6 Prozent steigt und auch zur Arbeitszeitverkürzung genutzt werden kann.

500 Euro Corona-Prämie netto gibt es im Juni für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie. Auszubildende erhalten einmalig 300 Euro. Im Februar 2022 gibt es dann ein „Transformationsgeld“ in Höhe von 18,4 Prozent des Monatsentgelts. Zur Sicherung von Arbeitsplätzen können Betriebe in Krisen das Transformationsgeld auch in Freizeit umwandeln.

Der Tarifvertrag läuft bis zum 30. September 2022. Dann kann die IG Metall wieder über Entgelterhöhungen verhandeln.

Das Transformationsgeld (T-Geld, Trafobaustein) bleibt jedoch dauerhaft als neue jährliche Einmalzahlung und erhöht sich 2023 auf 27,6 Prozent des Monatsentgelts.

Diesen Tarifabschluss hat die IG Metall in Nordrhein-Westfalen erzielt. Weitere Bezirke haben den Pilotabschluss aus NRW – mit regionalen Besonderheiten – übernommen. Siehe Infobox unten.

 


Grafik: Tarifergebnis Metall- und Elektroindustrie 2021: Coronaprämie und Transformationsgeld. IG Metall, Thomas Pötschick

Bis zu drei Jahre lang Arbeitsplätze tariflich gesichert

Die IG Metall hat neue Modelle zur Beschäftigungssicherung durch Absenkung der Arbeitszeit durchgesetzt. Die Arbeitszeit kann nun bis zu drei Jahre lang auf 32 Stunden in der Woche verkürzt werden, vorzugsweise als 4-Tage-Woche.

Für die Laufzeit der Arbeitszeitverkürzung sind dann auch betriebsbedingte Kündigungen ausgeschlossen.

 

Grafik: Tarifergebnis Metall- und Elektroindustrie 2021: Arbeitszeitabsenkung bis zu drei Jahre, auch als 4-Tage-Woche. IG Metall, Thomas Pötschick

Zur Sicherung der Zukunft hat die IG Metall Rahmenregeln für Zukunftstarifverträge in den Betrieben durchgesetzt, in denen etwa Zielbilder, Personalbedarf und Qualifizierung für die Arbeit der Zukunft ausgehandelt werden.

Diesen Pilotabschluss in Nordrhein-Westfalen hat die IG Metall mit dem Arbeitgeberverband Metall NRW ausgehandelt. In vielen weitere Tarifgebieten haben IG Metall und Arbeitgeber den Tarifabschluss übernommen – mit teilweise leicht abweichenden aber gleichwertigen Regelungen.

In Baden-Württemberg haben IG Metall und Arbeitgeber ein Verhandlungsergebnis erzielt, das auch die regionalen Sonderthemen gelöst. Der Arbeitgeberverband Südwestmetall hatte dort auf massive Kostensenkungen gedrängt, wollte langjährige Errungenschaften wie tarifliche Pausen und Schichtzuschläge abschaffen sowie die Alterssicherung einschränken. Diese Angriffe hat die IG Metall abgewehrt. Zudem gibt es in Baden-Württemberg Sonderregeln zur Beschäftigungssicherung und zu dual Studierenden.

Tarifverträge auch für dual Studierende

Zur Zukunft der Ausbildung und der dual Studierenden stellten IG Metall und Arbeitgeber in Nordrhein-Westfalen übereinstimmend fest, dass für alle ausbildungsintegrierenden dualen Studierenden während der Berufsausbildung auch Tarifverträge gelten. „Ein Meilenstein“, meint Knut Giesler, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall Nordrhein-Westfalen.  Damit gilt insbesondere die tarifliche Übernahme nach der Ausbildung.

IG Metall und Arbeitgeber empfehlen, alle dual Studierenden nach erfolgreichem Abschluss ihres Studiums in ein Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Darüber hinaus werden die Tarifvertragsparteien bis Ende September die Situation von Dual Studierenden in den Betrieben evaluieren und prüfen, inwieweit sich tarifpolitischer Handlungsbedarf ergibt. Vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels wird auch nach Wegen gesucht, damit mehr Betriebe Auszubildende und dual Studierende einstellen.

In Baden-Württemberg, wo es mit der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) und dem speziellen Manteltarifvertrag für Auszubildende eine Sondersituation gibt, hat die IG Metall erreicht, dass die dual Studierenden der DHBW explizit in den Tarifvertrag aufgenommen werden. „Mit der Einbeziehung der Studierenden haben wir die jahrzehntlange Blockadehaltung der Arbeitgeber gegenüber dieser Ausbildungsform gebrochen und auf einen Schlag mindestens 10 000 junge Menschen in die Tarifbindung gebracht“, erklärt Roman Zitzelsberger, Verhandlungsführer und Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg. „Darauf können wir in den kommenden Tarifrunden aufbauen.“

Verhandlungen über Angleichung Ost gehen weiter

Über die Angleichung der Arbeitsbedingungen im Osten – auch eine Forderung der Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie – hat die IG Metall Nordrhein-Westfalen nicht verhandelt. Die IG Metall kann eine solche Forderung nur in einem betroffenen Tarifgebiet aufstellen und durchsetzen. Im Bezirk Berlin-Brandenburg-Sachsen wird die IG Metall darüber weiter verhandeln und Druck machen.

Der erste Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, forderte, „dass die offenen regionalen Fragen gelöst werden. Dies betrifft etwa die Angleichung der Stundenentgelte in den ostdeutschen Tarifgebieten.“

Mit Warnstreiks Arbeitsplätze und Einkommen gesichert

Mit dem Tarifabschluss konnte die IG Metall in all ihren bundesweiten Forderungspunkten neue oder verbesserte Tarifregelungen für die Beschäftigten durchsetzen – und damit Beschäftigung, Zukunft und Einkommen sichern. Fast eine Million Beschäftigte haben dafür in den vergangenen vier Wochen mit Warnstreiks Druck gemacht. Täglich legten in den letzten drei Wochen durchschnittlich 24 000 Menschen in der Metall- und Elektroindustrie ihre Arbeit kurzfristig nieder.

„Dieser Tarifabschluss bietet tragfähige Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit: auf die akuten Probleme infolge der Coronapandemie ebenso wie auf die strukturellen Herausforderungen, die die Transformation für unsere Branchen mit sich bringt,“ erklärte Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall am Dienstagmorgen in Düsseldorf.

„Inmitten einer der schwersten Krisen in der Geschichte der Bundesrepublik haben wir erreicht, dass die Krisenfolgen fair verteilt und nicht einseitig bei den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern abgeladen werden. Es ist uns gelungen, die Einkommen der Beschäftigten zu stabilisieren und Arbeitsplätze zu sichern. Das ist zunächst eine Frage der Gerechtigkeit. Wir stärken damit aber auch die Nachfrage und stützen somit die gesamtwirtschaftliche Entwicklung.“

Geld – oder Zeit für dauerhafte Beschäftigungssicherung

Das Transformationsgeld von 18,4 Prozent – ab 2023 dann 27,6 Prozent eines Monatsentgelts – können Betriebe je nach wirtschaftlicher Lage einsetzen. Betriebe, denen es gut geht, zahlen das Geld an die Beschäftigten aus. Betriebe, denen es schlecht geht, wandeln das Geld in mehr Freizeit für die Beschäftigten um, verkürzen dadurch die Arbeitszeit und sichern damit Arbeitsplätze.

Eine solche Wahlmöglichkeit zwischen Geld oder Zeit hatte die IG Metall bereits 2018 mit dem „Tariflichen Zusatzgeld“ (T-ZUG) geschaffen. Beschäftigte können individuell wählen zwischen Geld – oder Zeit: bis zu acht freie Tage, die viele Beschäftigte nutzen, um mehr freie Zeit für sich und ihre Familien zu haben.

In der Corona-Krise haben viele Betriebe die T-ZUG-Tage auch kollektiv zur Sicherung von Arbeitsplätzen genutzt. Mit dem neuen Transformationsentgelt (T-Geld) – in Baden-Württemberg Transformationsbaustein (Trafobaustein) – kommt nun eine weitere kollektive Geld-Zeit-Option für Betriebe dazu.

Dauert die Arbeitszeitabsenkung länger als 12 Monate, zahlt der Arbeitgeber einen Teilentgeltausgleich von 25 Prozent eines Stundenentgelts bei einer Absenkung auf 32 Stunden in der Woche. Bei über 24 Monaten gibt es 25 Prozent Teilentgeltausgleich bei Absenkung auf 33 Stunden – sowie 50 Prozent bei Absenkung auf 32 Stunden.

Zusammen mit dem auf die Monatsentgelte umgelegten Transformationsgeld und weiteren Tarifelementen können Betriebe dadurch nun die Arbeit um drei Stunden in der Woche auf eine 4-Tage-Woche mit 32 Stunden verkürzen, wobei etwa bei einer Absenkung von 35 auf 32 Stunden gut 34 Stunden bezahlt werden.

 

Grafik: Tarifergebnis Metall- und Elektroindustrie 2021: Arbeitszeitabsenkung mit Teilentgeltausgleich. IG Metall, Thomas Pötschick

Das geht bis zu drei Jahre lang, anders als bisher bei Kurzarbeit (ab 2022 wieder nur 12 Monate) und den bisherigen Tarifregeln zur Beschäftigungssicherung (6 Monate, ohne Entgeltausgleich). In Baden-Württemberg sind sogar 28 Stunden ohne Begrenzung der Dauer möglich.

Damit können Betriebe und Beschäftigte nun auch eine längere Transformation überbrücken – etwa den Umstieg auf Elektroautos.

IG Metall gestaltet durch Zukunftstarifverträge mit

Mit den neuen Rahmenregeln für Zukunftstarifverträge können IG Metall und Betriebsräte erstmals auch  die Initiative bei der Gestaltung der Zukunft ergreifen.

In Zukunftstarifverträgen handelt die IG Metall Investitionen in den Standort, in zukunftsfähige Produkte und in die Arbeit der Zukunft aus. Bisher jedoch gelang das in der Regel erst dann, wenn der Betrieb bereits in der Krise ist und der Arbeitgeber wegen Personal- und Tarifkürzungen auf Betriebsräte und IG Metall zukommt. Jetzt jedoch können IG Metall und Betriebsräte bereits vor einer Krise eingreifen und den Arbeitgeber zu Verhandlungen über die Zukunft auffordern.

 

Grafik: Tarifergebnis Metall- und Elektroindustrie 2021: Früher eingreifen durch Zukunftstarifverträge. IG Metall, Thomas Pötschick

Arbeitgeber ziehen Nullrunde und Tarifkürzungen zurück

Dass die Tarifverhandlungen in der größten Wirtschaftskrise nach dem Zweiten Weltkrieg hart werden, war klar. Doch der Druck der Warnstreiks hat Wirkung gezeigt. Die Arbeitgeber haben ihre Forderung nach einer Nullrunde ohne Entgelterhöhung im Jahr 2021 ebenso vom Tisch nehmen müssen, wie die automatische Absenkung von Tarifen nach betrieblichen Kennzahlen.

Möglich ist lediglich die Verschiebung des Zusatzbetrags des Tariflichen Zusatzgelds (T-ZUG B) von rund 400 Euro um bis zu sechs Monate, sowie eine Entfall bei unter 2,3 Prozent Nettorendite, was jedoch der IG Metall anzuzeigen ist.

Zuvor hatten die Arbeitgeber immer wieder betont, dass es nichts zu verteilen gebe. Erst wenn die Kennzahlen wieder das Niveau von vor der Krise erreichen – frühestens 2022 – sei wieder mehr Geld drin. Nun gibt es doch Geld schon 2021.

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